1.6.1 Die kantonale Gesetzgebung


Wie in der Bundesverfassung gefordert, bestimmt das Berufsbildungsgesetz BBG in Art. 66, dass die Kantone für einen Teil des Gesetzesvollzugs zuständig sind. Alle staatlichen Aufgaben, die nach dem BBG nicht dem Bund zufallen, gehören in die Verantwortung der Kantone. In erster Linie besteht ihre Aufgabe im Vollzug der Bundesgesetzgebung.

Verschiedene Rechtsgrundlagen. Die Berufsbildung stützt sich nicht auf ein einzelnes Gesetz allein ab. Es gibt drei rechtliche Hauptquellen:

Aufgaben. Die Kantone übernehmen den Hauptteil aller Vollzugsaufgaben im Rahmen der Gesetzgebung über die Berufsbildung. Im Aufgabenkatalog weit vorne steht die Aufsicht über die Lehrverhältnisse, wozu die Erteilung oder der Entzug der Bildungsbewilligungen und die Genehmigung jedes einzelnen Lehrvertrags gehören. Weiter übernehmen die Kantone Organisationsaufgaben für die Qualifikationsverfahren, die schulische Bildung oder die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung. Die Kantone delegieren zum Teil einzelne Vollzugsaufgaben an Gemeinden oder andere Körperschaften. So sind manchmal Gemeinden oder Private Träger der Berufsfachschulen.

Vollzug in den Kantonen. Da die Kantone selbstständige Staatswesen sind, braucht es auch auf kantonaler Ebene gesetzliche Grundlagen zur Erfüllung der Aufgaben. Gesetze oder Verordnungen, die der Anwendung bundesgesetzlicher Vorschriften in den Kantonen dienen, heissen Einführungs- oder Vollzugsgesetze. So hat jeder Kanton beispielsweise eine Einführungsgesetzgebung (oder eine Verordnung) zum Berufsbildungsgesetz des Bundes. Damit wird erreicht, dass in der Schweiz einheitliche Grundsätze in der Anwendung den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden können. In diesem Zusammenhang ist wichtig zu wissen, dass das Bundesgesetz immer dem kantonalen übergeordnet ist. Es gibt drei Gesetzesstufen:

Obligationenrecht und Arbeitsgesetz. Auf dem Gebiet des Zivilrechts (Einzelarbeitsvertrag, Lehrvertrag) haben Kantone Gerichtsbehörden zur Durchsetzung des vereinbarten und zwingenden Rechts einzusetzen. Für den öffentlichen Arbeitnehmerschutz muss der Kanton Inspektionsorgane vorsehen und der kantonale Strafrichter ist zuständig, Verfehlungen gegen die Arbeitsschutzvorschriften zu ahnden.

Vielfalt und Einheit. Der Spielraum, der den Kantonen beim Vollzug von Bundesvorschriften zur Verfügung steht, ist von Gesetz zu Gesetz und oft auch innerhalb eines Gesetzes unterschiedlich. Zum Beispiel über die Organisation und Finanzierung der Qualifikationsverfahren sagt der Bund nur wenig. So unterscheidet sich die Prüfungsorganisation von Kanton zu Kanton. Hingegen werden in allen Kantonen die Prüfungen nach dem gleichen, in den Bildungsverordnungen detailliert festgelegten Stoff- und Zeitprogramm abgenommen. Die Zusammenarbeit auf allen Ebenen - zwischen Bund und Kantonen, aber auch mit den privaten Institutionen - ist deshalb sehr wichtig, denn in der Berufsbildung handeln nicht nur Staatsorgane, sondern auch Lehrbetriebe, Berufs- und Fachverbände, Organisationen der Arbeitswelt sowie Schulen mit teilweise privater Trägerschaft.

Um zu verhindern, dass jeder Kanton seine eigenen rechtlichen Grundlagen beschliesst, hat die Plenarversammlung der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) Richtlinien zur kantonalen Gesetzgebung gutgeheissen, die eine gemeinsame Basis der interkantonalen Koordination in der Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes darstellen. Wo eine interkantonale Zusammenarbeit nötig ist, z.B. bei der Finanzierung der Grundbildung, können die Kantone interkantonale Vereinbarungen beschliessen.

Finanzierung. Die kantonale Gesetzgebung regelt die Finanzflüsse unter den verschiedenen Beteiligten (OdA, Betriebe, Lernende und verschiedene Anbieter (z.B. Berufsfachschule, überbetriebliche Kurszentren).

Kantonale Lehrberufe. In speziellen Fällen, bei denen es keine nationale Regelung gibt, können ein Kanton oder mehrere Kantone kantonale Abschlüsse abgeben. Oft geschieht das im Zusammenhang mit neuen Berufen, die sich regional entwickeln. Ein typisches Beispiel ist der Beruf Betriebspraktiker/in, der Ende der 90er-Jahre regional entstanden ist, sich entwickelte, breite Anerkennung fand und anfangs des 21. Jahrhunderts national geregelt worden ist.

Rechtliche Grundlagen: Übersicht

Berufsbildung

Jugendliche Persönlichkeit

Einzel- und Normalarbeitsvertrag, Lehrvertrag

Kollektives Arbeitsvertragsrecht

Arbeitnehmerschutz

Verordnung 1 vom 10.5.2000, Allgemeine Verordnung, ArGV 1, SR 822.11
Verordnung 2 vom 10.5.2000, Sonderbestimmungen, ArGV 2, SR 822.112
Verordnung 3 vom 18.3.1993, Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung,
ArGV 3, SR 822.113

Strafrecht
Schweiz. Strafgesetzbuch vom 21.12.37 (StGB), SR 311.0

Sozialversicherungen

Einführungsgesetzgebung





 

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