1.6.2 Die Vollzugsaufgaben der Kantone


Der Vollzug des Berufsbildungsgesetzes liegt zum überwiegenden Teil bei den Kantonen. Diese organisieren eine wirksame Aufsicht über die Lehrverhältnisse und über den beruflichen Unterricht. Sie sind verantwortlich für die Abschlussprüfungen und sorgen für eine enge Zusammenarbeit zwischen den für die Berufsbildung, die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung, die Arbeitsvermittlung und den Vollzug der Gesetzgebung zuständigen Instanzen sowie den beteiligten Verbänden.

Behörden. Das wichtigste Vollzugsorgan für die nachfolgend aufgeführten Staatsaufgaben ist das Berufsbildungsamt (Name ist nicht in allen Kantonen gleich). Es wird meistens von Experten, Fach- oder Aufsichtskommissionen bei seiner Arbeit unterstützt.

Vermittlung und Beratung. Das Berufsbildungsamt steht allen Lehrvertragsparteien und Dritten zur Verfügung und ist an das Amtsgeheimnis gebunden. In Streitfällen kann es oft als neutrale Instanz zwischen den Parteien vermitteln und hilft nach Vertragsauflösungen bei der Suche einer Ersatzlösung. Eine wichtige Aufgabe besteht auch in der Unterstützung von Betrieben, die neu Lernende ausbilden wollen. Zudem werden die Lehrbetriebe an speziellen Veranstaltungen und durch periodische Schriften (Info-Bulletin der Kantone an die Berufsbildner/innen) über Entwicklungen und Neuerungen in der Berufsbildung informiert.

Bildungsbewilligung. Die kantonale Behörde überprüft die Ausbildungsvoraussetzungen und erteilt den Betrieben die Bildungsbewilligung. Sie kann die Bewilligung auch entziehen, wenn der Betrieb die Voraussetzungen für die Ausbildung nicht mehr erfüllt.

Aufsicht. Für die Überwachung der bestehenden Lehrverhältnisse kann das Berufsbildungsamt Auskünfte verlangen, sowie in die betriebliche Bildungsplanung, in Bildungsberichte und Lerndokumentationen Einsicht nehmen.

Bildung für Berufsbildner/innen. Die Kantone führen – allein oder in Zusammenarbeit mit den Organisationen der Arbeitswelt – die obligatorische Bildung von einer Dauer von mindestens 40 Kursstunden durch. Die berufspädagogische Qualifikation für Berufsbildner/innen kann auch im Lehrbetrieb erworben werden. Dann umfasst sie 100 Lernstunden.

Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung. Die öffentliche Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung ist freiwillig und unentgeltlich. Sie unterstützt Jugendliche und Erwachsene durch persönliche Beratung und Vermittlung von wichtigen Informationen bei der Berufs- und Studienwahl sowie bei der Gestaltung der beruflichen Laufbahn.

Vorbereitung auf die berufliche Grundbildung. Dieses Bildungsangebot bieten die Kantone im Anschluss an die obligatorische Schulzeit an. Jugendlichen werden die Grundlagen für den Beginn einer beruflichen Grundbildung vermittelt. Sie erhalten eine Starthilfe und bereiten sich auf die für sie neuen und unbekannten Anforderungen der Arbeitswelt vor. Die Kosten tragen Kantone, Bund, Gemeinden und die Teilnehmer/innen.

Brückenangebote. Brückenangebote sind praxis- und arbeitsweltbezogene Angebote nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit. Sie ergänzen die Programme der obligatorischen Schulzeit im Hinblick auf die Anforderungen der beruflichen Grundbildung. Die Angebote dauern höchstens ein Jahr und werden zeitlich auf die Schule abgestimmt.

Unterricht an der Berufsfachschule. Die Organisation des beruflichen Unterrichts und dessen Aufsicht sind grundsätzlich Sache der Kantone. Je nach Tradition und politischer Konstellation ist die Trägerschaft von Berufsfachschulen unterschiedlich geregelt. Es gibt dafür drei Hauptvarianten:

Überbetriebliche Kurse. Überbetriebliche Kurse (üK) dienen – ergänzend zur Bildung in Betrieb und Berufsfachschule – der Vermittlung und dem Erwerb grundlegender praktischer Fertigkeiten. Ob im entsprechenden Beruf ein üK erforderlich ist, beurteilen die Organisationen der Arbeitswelt und wird in der jeweiligen Bildungsverordnung festgelegt. Finanziert werden die üK durch die Lehrbetriebe, den Bund, die Kantone und die Berufsverbände.

Qualifikationsverfahren. Qualifikationsverfahren sind Verfahren, die geeignet sind, festzustellen, ob eine Person über die Kompetenzen verfügt, die in der jeweiligen Bildungsverordnung festgelegt worden ist. Das bedeutendste Verfahren ist die Abschlussprüfung. Die Verantwortung für die Durchführung der Abschlussprüfung liegt bei den Kantonen. Entsprechend vielfältig sind denn auch die Organisationsstrukturen. Die Durchführung liegt in der Regel bei Prüfungskommissionen, die entweder für Berufe bzw. Berufsgruppen oder den ganzen Kanton zuständig sind.

Nachholbildung. Erwachsene können den Abschluss einer beruflichen Grundbildung auch nachholen, ohne hierfür eine formale Bildung durchlaufen zu müssen. Das Berufsbildungsgesetz lässt für den Nachweis von Kompetenzen mehrere Möglichkeiten offen. Es ist Aufgabe der Kantone, Instrumente zur Anrechnung bereits erbrachter Bildungsleistungen zur Verfügung zu stellen.

Stipendien. Die Kantone richten auch für lernende Personen Stipendien aus.

Subventionen. Die Kantone subventionieren verschiedene Aktivitäten im Bereich der Berufsbildung, resp. sind zuständig für die Abrechnung der Bundessubventionen.

Entwicklungsarbeit. Zunehmend sind die Kantone aufgefordert, die Entwicklung der Berufsbildung zu fördern und mitzusteuern. Neben der aktiven Mitwirkung und der Ausarbeitung von Stellungnahmen für Vernehmlassungen gestalten sie die Berufsbildung aktiv mit. Das Schaffen von neuen Lehrstellen und Bildungsgängen, die Gründung von Vereinigungen von Berufsbildner/innen die Förderung der Bildung von Lernenden in mehreren Betrieben (Ausbildung im Lehrbetriebsverbund), die Verbesserung des Images der Berufsbildung sind einige Beispiele.

Quelle: Handbuch betriebliche Grundbildung, SDBB 2013





 

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