4.4.3 Empfehlungen der SBBK zum Nachteilsausgleich





Menschen mit Behinderungen können in der Berufsbildung Benachteiligungen erfahren, wenn ihren besonderen Bedürfnissen nicht Rechnung getragen wird.  Bei der Berufswahl soll darauf geachtet werden, dass die individuellen Stärken eingebracht werden können und sich die Schwächen nicht allzu negativ auswirken.

Vorabklärungen durch Fachpersonen wichtig. Für die Berufswahl ist es wichtig, dass im ärztlichen Bericht respektive dem Bericht einer anerkannten Fachstelle die medizinische Diagnose, die auf körperlicher, geistiger und/oder psychischer Ebene festgestellten Defizite und Symptome im Zusammenhang mit der Behinderung sowie die funktionelle Umschreibung der individuellen Auswirkungen der Behinderung beschrieben werden.

Nicht alle Jugendlichen mit einer Beeinträchtigung ihrer körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit sind im Sinne des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung IVG invalid. Eltern sollen von Lehr- oder Fachpersonen rechtzeitig darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie für die Anmeldung verantwortlich sind, um den Anspruch abzuklären.

Jugendliche sollen ihre Behinderung kennen. Jugendliche mit Behinderungen sollten – mit entsprechender Unterstützung durch die gesetzliche Vertretung – über die Auswirkungen ihrer Behinderung auf eine der Situation angemessene Art und Weise Auskunft geben: bei der Lehrstellensuche und der Berufsberatung, bei Lehrbeginn in der Berufsfachschule.

Die Empfehlungen der SBBK. Die Empfehlung der SBBK (Schweizerische Berufsbildungsämter-Konferenz) zum Nachteilsausgleich ist für alle Ausbildungen und Qualifikationsverfahren in der beruflichen Grundbildung inklusiv Berufsmaturität gleichwertig anwendbar. Bei der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse gilt es die Besonderheiten der verschiedenen Lernorte zu beachten. Für Personengruppen mit anderen Qualifikationsverfahren gilt es adäquate Lösungen zu finden.

Die Empfehlung definiert die Abläufe, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten beim Beginn und während der Ausbildung sowie für das Qualifikationsverfahren. Weiter werden zwei Formulare für die Erfassung und für die Gesuchstellung vorgeschlagen. Die Verfügungsbehörden sind – auf Basis des Berufsbildungsgesetzes und des Behindertengleichstellungsgesetzes – grundsätzlich frei in der konkreten Ausgestaltung in den Kantonen.

Erfassen und Fördern. Für das Erfassen und Fördern während der Lehrzeit wird eine förderorientierte Zusammenarbeit aller Beteiligten (Lernende - Lehrkräfte - Instruktoren der überbetrieblichen Kurse - Berufsbildner - Aufsichtsbehörde) empfohlen.

Formular bei Lehrbeginn ausfüllen. Die betroffenen Lernenden füllen zusammen mit der zuständigen Person (Berufsfachschule oder überbetriebliche Kurse) das Erfassungsformular bei Lehrbeginn aus.

Lernende halten Fördermassnahmen während der Berufslehre fest. Lernende mit erfassten Behinderungen oder Lern- und Leistungsschwierigkeiten müssen während ihrer Lehrzeit die vorgesehenen Massnahmen in einem entsprechenden Journal Fördermassnahmen festhalten.

Erstes Lehrjahr als Orientierungshilfe. Das erste Lehrjahr soll für die Ausbildungsparteien als Orientierungs- und Entscheidungsjahr betrachtet werden. Neu eintretende Lernende werden von den Berufsfachschulen über die Möglichkeit des Nachteilsausgleichs bei Behinderungen oder Lernstörungen betreffend Zuständigkeiten und Vorgehen informiert. Zeichnet sich eine nötige Unterstützung ab, so liegt es in der Verantwortung des Lernenden und der gesetzlichen Vertretung, die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten.

Enge Zusammenarbeit aller Beteiligten während Berufslehre wichtig. In der Begleitung von Jugendlichen mit Behinderung sind oft verschiedene Personen (gesetzliche Vertretung, Lehrpersonen, Ärzte, Therapeuten, Berufsberatung etc.) involviert. Eine enge Zusammenarbeit und ein regelmässiger Informationsaus-
tausch sind für die Planung und Begleitung des Übergangs von der Schule in die Berufsausbildung anzustreben.

Die kantonalen Behörden regeln die Verantwortlichkeiten. Grundsätzlich muss das Qualifikationsverfahren der Lernenden mit Behinderungen den Anforderungen des jeweiligen Berufes entsprechen.

Wann werden Nachteilsausgleiche beim Qualifikationsverfahren gewährt? Nachteilsausgleiche werden gewährt, wenn das Bestehen des Qualifikations-
verfahrens in Frage gestellt ist und das Gesuch um Nachteilsausgleich bei der Prüfungsanmeldung eingereicht wird. Vorausgesetzt wird, dass Fördermas-
snahmen durchgeführt wurden, wenn sie von einer Fachstelle empfohlen und deren Besuch in einer Vereinbarung festgehalten worden sind.

Das Gesuch um Nachteilsausgleich für das Qualifikationsverfahren ist spätestens mit der Anmeldung zur Abschlussprüfung der kantonalen Behörde (Verfügungsbehörde) einzureichen.

Welche Nachteilsausgleiche werden gewährt? Es werden nur formale Nachteilsausgleiche wie Zeitzugabe, längere Pausen oder besondere Hilfsmittel oder weitere geeignete Massnahmen (z.B. separater Raum) gewährt (Berufsbildungsverordnung vom 19. November  2003, Art. 353).

Wird der Nachteilsausgleich im EFZ, EBA oder BM-Zeugnis vermerkt? Im eidgenössischen Berufsattest, im eidgenössischen Fähigkeitszeugnis und im eidgenössischen Berufsmaturitätszeugnis wird kein Vermerk zum Nachteilsausgleich gemacht.







 

anzeigen
drucken
zurückvorwärts
downloads
powerpoint download
bild download - beste qualität
word download