4.2.8 Berufsleute: Irma Dütsch, Köchin


Vieles, ja eigentlich alles ist möglich. Wer einen Beruf hat, dem steht die Welt offen. Was jemand mit dem eidg. Fähigkeitszeugnis macht, das hängt von verschiedenen Faktoren ab –  vor allem aber von der einzelnen Person. Es gibt viele Beispiele von ehemaligen Lernenden, die es weit gebracht haben. Irma Dütsch ist eines. Ihr Werdegang zeigt, dass es nicht zwingend notwendig ist, über Studien an Hochschulen oder über Berufswechsel weiterzukommen. Hat jemand den richtigen Beruf gefunden, bietet der genügend Möglichkeiten, um es zur Meisterschaft zu bringen. Meisterschaft heisst im Fall von Irma Dütsch: 18 Punkte im „Gault-Millau“, einen Clé d'or und einen Stern im „Guide Michelin“ und 1994 die Wahl zur „Köchin des Jahres“ von Gault-Millau. Doch haben diese Auszeichnungen nur eine relative Bedeutung. Worum es eigentlich geht: Einfach gut kochen. Das ist leicht gesagt, aber schwer getan.

Irma Dütsch. „Vom Greyerzer Bauernmädchen zur Sterneköchin“, heisst es auf dem Umschlag ihres Kochbuchs „Esprit de Cuisine“. Dieses Zitat und der Buchtitel erklären den beruflichen Erfolg von Irma Dütsch. Im Gespräch weist sie immer wieder auf ihre Herkunft hin, damit meint sie, kennen des Materials, mit dem sie arbeitet: Lebensmittel. Also wissen wie Gemüse gezogen, Tiere gehalten oder Früchte verarbeitet werden. „Allein über das Mehl könnte man ein dickes Buch schreiben, mit Mehl kann man so viel machen, da muss man vieles genau wissen, um richtig zu kochen oder zu backen“, sagt sie. „Esprit“ ist der andere Begriff, worum sich das Berufsverständnis der Köchin dreht: Geist, Seele, Verstand, Witz, Scharfsinn, Neugierde ... das und mehr steckt hier dahinter. Es braucht viel, um in einem Beruf wirklich gut zu werden.

Die Lehre. Dabei hatte sie es nicht leicht, nach der Schule. Kochen konnte sie schon, das hatte sie bei der Mutter gelernt, und Kochen wollte sie zum Beruf machen. Nur damals, in den 60er-Jahren, ging das nicht so einfach. Mädchen sollten im Haushalt kochen, als Ehefrau oder wenn beruflich, dann z.B. als Pfarrköchin. Dafür gab es eine spezielle Lehre als „Köchin“, die ein Jahr dauerte. Der gelernte „Koch“ aber war etwas anderes, die Lehre dauerte 21/2 Jahre (heute sind es drei). Es wurden also mit der männlichen und weiblichen Form „Köchin“ und „Koch“ zwei Berufe unterschieden (das gilt übrigens heute nicht mehr). Weil es für Irma Dütsch als Mädchen schwierig war, eine Lehrstelle als „Koch“ zu finden, musste sie in der ganzen Schweiz suchen, bis sie in Rheinfelden eine Lehrstelle fand. Das hatte aber auch einen Vorteil: Sie lernte Deutsch.

Wanderjahre. Sie hatte Glück. Ihr Lehrmeister war zwar streng, aber ein ausgezeichneter Fachmann, der für die Küche lebte. Nach der Lehrabschlussprüfung, die sie auch wegen der Sprache nur durchschnittlich bestand, war es Zeit, Erfahrungen zu sammeln. An verschiedenen Orten lernte sie weiter und verbesserte sich in ihrem Metier. „Wanderjahre sind etwas vom Wichtigsten, um nicht nur Land und Leute kennen zu lernen, sondern auch Materialien und Produkte sowie Umgangsformen und Sprachen.“ Ihre wichtigsten Stationen waren:

1964 „Restaurant des Halles“ – Neuenburg
1965–66 „Vieux Chalet“ – Greyerz
1967–68 „Hilton“ – Montreal/Canada
1969–70 „St. Louis-Club“ – USA
1971 „Hilton“ – Acapulco/Mexiko
1972–76 „Plaza“ – Kreuzlingen
1976–2004 „Fletschhorn“ – Saas Fee
ab 2004 Störköchin an verschiedenen Orten

Gastkoch in: London, München, Mailand, Stockholm, Hongkong, Peking, Korea, Japan, Jakarta, Bangkok, Australien und vielen anderen Orten.

Meisterschaft. 1976 kaufte sie mit ihrem Mann in Saas Fee ein heruntergekommenes Hotel-Restaurant, das sie zum heute so bekannten Restaurant und Waldhotel Fletschhorn aufbauten. Dann kamen auch die verschiedenen Preise und Auszeichnungen. Was braucht es also, um im Beruf gut zu werden? „Du musst dich mit deinem Beruf in seiner Breite und Tiefe auseinandersetzen.“ Sie nennt das „Perfectionnement“. „Bei unserem Metier heisst das, zuerst an den Kunden denken, denn die sind anspruchsvoll geworden. Wie gesagt, die Produkte kennen und alles, was mit Kochen zu tun hat. Ein junger Koch soll zum Beispiel in einer Metzgerei mitarbeiten, in einer Confiserie usw. Aber auch mit allem Drumherum soll er sich auseinandersetzen. Wieso nicht eine Porzellanfabrik besuchen, um besser zu verstehen, was Geschirr ist? Es gibt so viel zu tun, und wenn man seinen Beruf mit Freude und Leidenschaft ausübt, ist das zwar anstrengend, gibt Dir aber eine grosse Befriedigung“, sagt die Köchin, die ihr Wissen und Können selber weitergibt, Kurse erteilt, während vieler Jahre Kochlehrlinge ausgebildet hat und heute junge Köche und Köchinnen beschäftigt, damit diese am Anfang ihres Berufslebens lernen und vorwärts kommen können.

Mut zur Veränderung. Irma Dütsch, die höchst klassierte Köchin der Schweiz, übergab 2004 ihren Betrieb, das hoch dekorierte Restaurant und Waldhotel „Fletschhorn“, den Nachfolgern. Heute kocht sie an verschiedenen Orten als prominente „Störköchin“: Es sei ein anderes Leben als zuvor, aber spannend! Sie reist an Festivals und arbeitet karitativ in Südafrika.

Hinweis:







 

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