1.6.3 Die Aufgaben der Berufsbildungsämter


Vollzug und Koordination. Das wichtigste Vollzugsorgan für die Aufgaben des Kantons ist das Berufsbildungsamt (Name ist nicht in allen Kantonen gleich). Im Spannungsfeld der Beratung und Unterstützung sowie der Aufsicht bewegt sich die Tätigkeit der Fachleute der Berufsbildungsämter. Sie begleiten die Lehrvertragsparteien, fördern die Berufsbildung, sichern die Qualität der Bildung, sind zuständig für die Lernortkoordination (Betrieb, überbetrieblicher Kurs und Berufsfachschule) und nehmen andererseits aber auch eine Aufsichtsfunktion wahr. In operativen, berufsbezogenen Fragen kann das Amt durch Expertinnen und Experten aus den Organisationen der Arbeitswelt bei seiner Arbeit unterstützt werden.

Unterricht an der Berufsfachschule. Die Organisation der schulischen Bildung und deren Aufsicht ist Sache der Kantone. Je nach Kanton und Tradition kann die Trägerschaft der Berufsfachschulen verschieden sein:

Die Berufsfachschulen haben einen eigenständigen Bildungsauftrag. Im berufskundlichen Unterricht wird der theoretische Teil des zu erlernenden Berufs vermittelt. Im allgemeinbildenden Unterricht werden Inhalte thematisiert, die die Entfaltung der Persönlichkeit sowie die Bildung eigenständiger Meinungen fördern.

Überbetriebliche Kurse. Für die Durchführung der überbetrieblichen Kurse, deren Inhalte in den jeweiligen Bildungserlassen (Bildungsverordnung und Bildungsplan) festgelegt sind, sind die Organisationen der Arbeitswelt (OdA) (resp. sofern nicht vorhanden mit Vereinigungen von Berufsbildner/innen) in Zusammenarbeit mit den Kantonen zuständig.

Qualifikationsverfahren. Die Verantwortung für die Durchführung der Qualifikationsverfahren (u.a. Abschlussprüfung) liegt bei den Kantonen, wobei die Kantone unterschiedliche Organisationsstrukturen kennen. Die Durchführung liegt in der Regel bei Prüfungskommissionen, die entweder für Berufe bzw. Berufsgruppen oder den ganzen Kanton zuständig sind. Der Kanton kann die Durchführung der betrieblichen Qualifikationsverfahren auch an einen Verband, respektive an ein Kompetenzzentrum delegieren.

Bildung der Berufsbildner/innen. Die berufspädagogische Qualifikation für Berufsbildner/innen in Lehrbetrieben umfasst 100 Lernstunden und schliesst mit einem eidg. Diplom ab. Anstelle der 100 Lernstunden können auch 40 Kursstunden treten. Diese Kurse werden von den Kantonen selbst oder in Zusammenarbeit mit den Organisationen der Arbeitswelt durchgeführt. Die Kursteilnehmer/innen erhalten einen kantonalen, eidg. anerkannten Ausweis. Die Bildung der Berufsbildner/innen ist im Rahmenlehrplan für Berufsbildungsverantwortliche definiert.

Aufsicht. Der Vollzug der Vorschriften über die Berufsbildung obliegt den Kantonen. Eine der wichtigsten Aufgaben ist die Aufsicht über die Lehrverhältnisse. Die Berufsbildungsämter prüfen die Voraussetzungen und erteilen die Bildungsbewilligung (die sie auch entziehen können). Jeder Lehrvertrag muss von der kantonalen Behörde genehmigt und die berufliche Grundbildung muss überwacht werden. Das Berufsbildungsamt ist auch zuständig für folgende Entscheide:

Finanzen. Die Kosten der öffentlichen Hand für die Berufsbildung betrugen im Jahr 2014 rund 3.4 Milliarden Franken. Die Kantone, die für den Vollzug zuständig sind, kommen für drei Viertel der Kosten auf. Die Berufsbildungsämter beteiligen sich an der Weiterentwicklung der Berufsbildung, indem sie Projekte selbst initiieren und durchführen oder sich an Projekten anderer Trägerschaften beteiligen oder deren Finanzierung gewährleisten. In der Interkantonalen Vereinbarung über die Beiträge an die Ausbildungskosten in der beruflichen Grundbildung (Berufsfachschulvereinbarung, BFSV) koordinieren die Vereinbarungskantone die Abgeltung der Kosten des beruflichen Unterrichts und der beruflichen Vollzeitschulen. Ziel ist, dass die Vereinbarungskantone für Lernende an ausserkantonalen Ausbildungsstätten einheitliche Beiträge entrichten. Weitere Leistungen, die zwischen den Kantonen abgegolten werden, sind überbetriebliche Kurse, interkantonale Fachkurse, Qualifikationsverfahren, Nachholbildung und individuelle Begleitung in EBA.

Vermittlung und Beratung. Die Berufsbildungsämter haben sich zu Kompetenzzentren für Fragen der beruflichen Bildung entwickelt. Sie sind Partner für alle Akteure der Berufsbildung wie Bund, Bildungsdepartement des Kantons, Verbände, Wirtschaft sowie für die Akteure an der Basis (Berufsbildner/in, Lehrer/innen, lernende Person, Eltern, usw.). Vermittlung und Beratung sind die wichtigsten Aufgaben des Berufsbildungsamts. Es steht den Lehrvertragsparteien (lernende Person, Berufsbildner/in und gesetzliche Vertretung) sowie Dritten zur Verfügung und ist an das Amtsgeheimnis gebunden. In Streitfällen kann es als neutrale Instanz zwischen den Parteien vermitteln und hilft nach Vertragsauflösungen bei der Suche nach einer Ersatzlösung. Eine wichtige Aufgabe ist auch die Unterstützung von Betrieben, die neu Lernende ausbilden wollen. Zudem werden die Lehrbetriebe an speziellen Veranstaltungen und durch periodische Schriften (Info-Bulletin der Kantone an die Berufsbildner/innen) über Entwicklungen und Neuerungen in der Berufsbildung informiert.

Weiterentwicklung der Berufsbildung. Zu den traditionellen Aufgaben, die mit dem Sicherstellen eines reibungslosen Ablaufs der beruflichen Bildung bezeichnet werden kann, übernehmen die Verantwortlichen in den kantonalen Berufsbildungsämtern mehr und mehr Aufgaben, die dahin gehen, den Veränderungsprozess in der Berufsbildung mitzusteuern. Neben die Funktion des Vollzugs ist – gleich wichtig – die Aufgabe des Gestaltens getreten. Konkret: Die Mitarbeiter/innen der Berufsbildungsämter erarbeiten Ausbildungskonzepte bei der Umsetzung neuer Ausbildungsmodelle, forcieren die Idee der Ausbildungskooperation unter mehreren Betrieben (Lehrbetriebsverbund), initiieren den Aufbau von Vereinigungen von Berufsbildner/innen usw.

Berufsbildungsämter koordinieren ihre Tätigkeit regional, sprachregional und schweizerisch. Im Rahmen der Schweizerischen Berufsbildungsämterkonferenz, einer Fachkonferenz der EDK, und mit dem Bund sowie den Organisationen der Arbeitswelt. Insbesondere garantieren sie die Mobilität der Lernenden mittels interkantonaler Vereinbarung der EDK (Berufsfachschulvereinbarung BFSV, Fachschulvereinbarung FSV).





 

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