Artikel 63 Abs. 1 der Bundesverfassung gibt dem Bund das umfassende Recht, über die Berufsbildung Vorschriften aufzustellen. Damit ist die bis Ende 2003 gültige Beschränkung auf Berufe in Industrie, Gewerbe, Handel, Landwirtschaft und Hausdienst aufgehoben worden. Seit 2004 sind auch die vorher kantonal geregelten Berufsbereiche Gesundheit, Soziales und Kunst (GSK) Teil der eidgenössischen Berufsbildungspolitik.
Der Bund hat sich aber nicht die alleinige Kompetenz vorbehalten. Die Kantone können in den vom Bund nicht geregelten Bereichen auch ausserhalb der reinen Vollzugsnorm tätig werden. Die Mitwirkung der Kantone ist dabei bereits auf Verfassungsstufe festgelegt. Die für die Berufsbildung ebenfalls anwendbaren BV Art. 44 bis 46 bestimmen, dass die Kantone vor Erlass der Ausführungsvorschriften anzuhören sind, und dass ihnen in der Regel der Vollzug der Gesetzgebung zu übertragen sei.
BBG und BBV. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen sind das Bundesgesetz über die Berufsbildung vom 13.12.2002 (BBG) und die dazugehörende Verordnung des Bundesrates vom 19.11.2003 (BBV). Das Berufsbildungsgesetz sowie die Verordnung sind seit dem 1.1.2004 in Kraft. Im Gesetz geregelt ist die berufliche Aus- und Weiterbildung für alle Berufsbereiche ausserhalb der Hochschulen. Es enthält öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bundes zu folgenden Bereichen:
- berufliche Grundbildung, einschliesslich der Berufsmaturität
- höhere Berufsbildung
- berufsorientierte Weiterbildung
- Qualifikationsverfahren, Ausweise und Titel
- Bildung der Berufsbildungsverantwortlichen
- Zuständigkeit und Grundsätze der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung
- Beteiligung des Bundes an den Kosten der Berufsbildung
Das Berufsbildungsgesetz ordnet die Vollzugsorganisation (Behörden, Verwaltungsrechtspflege, Strafbestimmungen). Der Bund hat die allgemeine Oberaufsicht über den Vollzug. Im Bereich der berufsorientierten Weiterbildung liegt die behördliche Aufsicht beim Bund selbst.
Ergänzt wird das BBG neben der bereits erwähnten Berufsbildungsverordnung (BBV) durch eine Fülle von Vollzugsvorschriften des Bundes und der Kantone.
Wie z.B.:
- Bildungsverordnungen (seit 2004 werden die Ausbildungsreglemente des eidg. Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) oder des SBFI über die Ausbildung und die Abschlussprüfung in den einzelnen Berufen angepasst und in Verordnungen definiert)
- Bildungspläne zu den wichtigsten in Bildungsverordnungen geordneten Berufen für den berufskundlichen Unterricht sowie Bildungspläne in Allgemeinbildung und Sport
- Verordnung des SBFI über die Mindestvorschriften für die Allgemeinbildung in der beruflichen Grundbildung
- Rahmenlehrpläne für Berufsbildungsverantwortliche
- Verordnung über die Förderung von Sport und Bewegung (SpoFöV)
Obligationenrecht OR. Berufsbildung hat mit Arbeit zu tun und Lehrlinge (im OR so genannt) und Lehrmeister/in schliessen einen (besonderen) Arbeitsvertrag ab. Der Lehrling ist also auch Arbeitnehmer, weshalb für ihn - mit Einschränkung der besonderen Bestimmungen - die gesetzlichen Bestimmungen für den Arbeitsvertrag gelten. Artikel 64 der Bundesverfassung weist die Gesetzgebung über das Zivilrecht dem Bund zu. Der zehnte Titel im Obligationenrecht OR ist dem Arbeitsvertrag gewidmet (OR Art. 319 - 343, Der Einzelarbeitsvertrag). Auch der Lehrvertrag ist ein Einzelarbeitsvertrag, weshalb er im OR unter den besonderen Arbeitsverträgen geregelt wird (OR Art. 344 - 346a).
Arbeitsgesetz. Ebenso gelten für Lehrlinge die Arbeitnehmerbestimmungen des öffentlichen Rechts, zum Beispiel können sie die speziellen Schutzbestimmungen für Jugendliche in Anspruch nehmen. Dem „Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel“ (ArG) sind praktisch alle Erwerbszweige und alle privaten und öffentlichen Betriebe unterstellt. Das Arbeitsgesetz stützt sich auf fünf Verordnungen:
- ArGV 1 mit den allgemeinen Bestimmungen
- ArGV 2 mit Sonderbestimmungen für bestimmte Gruppen von Betrieben und Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen
- ArGV 3 mit Bestimmungen betreffend die Gesundheitsvorsorge und die Unfallverhütung
- ArGV 4 mit Bestimmungen betreffend industrielle Betriebe, Plangenehmigung und Betriebsbewilligung
- ArGV 5 mit Bestimmungen betreffend Jugendarbeitsschutz (Jugendarbeitsschutzverordnung)
Spezialrechtliche Bestimmungen. Wie alle Berufe der Urproduktion untersteht die Landwirtschaft (inkl. die landwirtschaftlichen Spezialberufe) nicht dem Arbeitsgesetz. Eine Ausnahme sind die Bestimmungen über das Mindestalter, die Bestandteil der Verordnung über den Jugendschutz sind. Die landwirtschaftlichen Angestelltenverhältnisse werden in den kantonalen Normalarbeitsverträgen (NAV) geregelt.
Spezialrechtliche Bestimmungen existieren ebenfalls für verschiedene medizinische Berufe, in denen Röntgen Teil der beruflichen Grundbildung ist sowie für andere Berufe, in denen mit gefährlichen Substanzen gearbeitet wird.
Quelle: Handbuch betriebliche Grundbildung, SDBB 2013
Rechtliche Grundlagen: Übersicht
Berufsbildung
- Bundesgesetz (BG) v. 13.12.2002 über die Berufsbildung (BBG), SR 412.10
Verordnung (V) v. 19.11.2003 über die Berufsbildung (BBV), SR 412.101 - „Rahmenlehrplan für Berufsbildungsverantwortliche„ des Bundes (SBFI, 1.2..11) Lehrplan SBBK für die Kurse für Berufsbildner/innen in Lehrbetrieben (11.5.07)
- Verordnung über das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung
(EHB-Verordnung) vom 14. 9. 2005, SR 412.106.1 - Verordnung vom 24.06.2009 über die Berufsmaturität (BMV), SR 412-103.1
- Verordnung des WBF vom 11. März 2005 über die Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen, SR 412.101.61
- Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über die Fachhochschulen (FHSG),
SR 414.71
Jugendliche Persönlichkeit
- Schweiz. Zivilgesetzbuch vom 10.12.1907 (ZGB), SR 210
- Verordnung vom 29.11.2002 über die Adoptionsvermittlung, SR 211.221.36
- Verordnung vom 19.10.77 über die Aufnahme von Pflegekindern, SR 211.222.338
Einzel- und Normalarbeitsvertrag, Lehrvertrag
- Bundesgesetz v. 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Schweiz. Zivilgesetzbuches (5. Teil: Obligationenrecht, OR), SR 220
- Verordnung vom 16.1.1985 über den Normalarbeitsvertrag (NAV) für die Erzieher in Heimen und Internaten, SR 221.215.324.1
- BRB vom 5.5.1971 über den NAV für Assistenzärzte, SR 221.215.328.1
- BRB vom 23.12.1971 über den NAV für das Pflegepersonal, SR 221.215.328.4
- BRB vom 22.4.1966 betr. den NAV über Versicherungsleistungen für das beruflich strahlenexponierte Personal, SR 221.215.328.6
- Verordnung vom 11.1.1984 über den NAV für milchwirtschaftliche Arbeitnehmer, SR 221. 215.329.2
- Verordnung vom 3.12.1979 über den NAV für Privatgärtner, SR 221.215.329.3
- Verordnung vom 20.10.2010 über den NAV für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Hauswirtschaft, RS 221.215.329.4
Kollektives Arbeitsvertragsrecht
- OR - Gesamtarbeitsvertrag (GAV) wie Einzelarbeitsvertrag, SR 220
- Bundesgesetz v. 28.9.1956 über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von GAV, SR 221.215.311
Arbeitnehmerschutz
- Bundesgesetz v. 13.3.1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG), SR 822.11
Verordnung 2 vom 10.5.2000, Sonderbestimmungen, ArGV 2, SR 822.112
Verordnung 3 vom 18.3.1993, Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung,
ArGV 3, SR 822.113
Verordnung 5 vom 28.9.2007, Jugendarbeitsschutzverordnung,
ArGV 5, SR 822.115
Strafrecht
Schweiz. Strafgesetzbuch vom 21.12.37 (StGB), SR 311.0
Sozialversicherungen
- BG v. 20.3.81 über die Unfallversicherung (UVG), SR 832.20
- V v. 20.12.1982 über die Unfallversicherung (UVVG), SR 832.202
- BG v. 18.3.94 über die Krankenversicherung (KVG) SR 832.10
- V v. 27.6.95 über die Krankenversicherung (KVV), SR 832.102
- BG v. 20.12.46 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG),
SR 831.10 - BG v. 25.9.52 über die Erwerbsersatzordnung für Dienstleistende in Armee, Zivildienst und Zivilschutz (Erwerbsersatzgesetz, EOG), SR 834.1
Einführungsgesetzgebung
- Kantonale Gesetze und Vollzugsverordnungen/Dekrete zur Bundesgesetzgebung.
- Alle genannten Gesetzes- und Verordnungstexte können beim Bundesamt für Bauten und Logistik www.bundespublikationen.admin.ch bezogen werden. Teilweise bieten private Verlage Gesetzestexte an, z.T. kommentiert.