3.5.6 Die Adoleszenz


Lehrbetriebe, die Lernende ausbilden, öffnen sich für die Jugend und setzen gleichzeitig auf die Zukunft, denn sie sorgen für die kommende Generation von Berufsleuten. Jugendliche sind meist neugieriger und offener gegenüber Neuerungen der Technik oder neuer Formen der Kommunikation als Erwachsene. Dadurch bringen sie frischen Wind in ein Unternehmen, was auf die anderen Mitarbeitenden abfärben kann. Sie befinden sich aber auch in einer Zeit des Umbruchs; sie werden vom Kind zum Erwachsenen, weshalb ihre Ausbildung auch verschiedenartige Probleme und Fragen mit sich bringen kann.

Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter. Der Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter dauert in der Regel etwa zehn Jahre. Er führt in verschiedenen Etappen in die Eigenständigkeit eines Menschen. Merkmale auf der körperlichen Ebene sind die Pubertät – die Entwicklung der Geschlechtsreife – und das Erreichen der definitiven Körpergrösse. Auf der sozialen Ebene spielen das Ende der obligatorischen Schulzeit, der Eintritt in die berufliche Grundbildung und der Eintritt ins Arbeitsleben eine wichtige Rolle.

Die meisten Lernenden erreichen während der beruflichen Grundbildung das 18. Altersjahr. Sie werden damit offiziell mündig und den Erwachsenen gleichgestellt. Das beinhaltet viele Rechte: das Stimm- und Wahlrecht, das Recht, einen Führerschein zu erwerben und bestimmte Ausgehlokale zu besuchen.

Während der Adoleszenz, dem Lebensabschnitt zwischen Kindheit und Erwachsensein, erreichen viele Jugendliche meist eine hohe körperliche und geistige Reife. Hinsichtlich der sozialen Entwicklung bleiben sie aber manchmal noch stark Kind. Sie benötigen grosse Anerkennung und können ihr Verhalten in Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen noch nicht sehr gut einschätzen. Dieses Spannungsfeld bewirkt, dass Kontakte mit Jugendlichen sehr komplex sein können. Sie konfrontieren ihr Gegenüber oft mit widersprüchlichen Verhaltensweisen. Gleichzeitig haben sie aber häufig das Gefühl, nicht verstanden zu werden. Zudem ruft der Zwiespalt zwischen dem Fast-schon-erwachsen- und dem Noch-immer-Kind-Sein verschiedene Verhaltensmuster hervor: Schüchternheit, Stimmungsschwankungen, Auflehnung, Wunsch nach Anerkennung, Unschlüssigkeit usw. Es darf aber nicht vergessen werden, dass sich jeder Mensch individuell entwickelt. Die Entwicklungsunterschiede der Jugendlichen sind oft sehr gross und kein Entwicklungsmodell kann als allgemeingültig erklärt werden.

Der Berufsbildner oder die Berufsbildnerin wird in einem Moment, in dem der Einfluss der Eltern an Gewicht verliert, zu einer wichtigen Bezugsperson. Oft identifizieren sich die Jugendlichen mit der Kultur des von ihnen gewählten Berufs. Sie fühlen sich als Mitglied dieser bestimmten Berufsgruppe sicher und stark. Wir selbst sprechen ja oft voller Stolz von unserem Beruf und dem Arbeitsalltag. Der Lehrbetrieb spielt in diesem Sinn eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der lernenden Personen.

Die Gleichaltrigen: Referenzgruppe für die persönliche Entwicklung. Die Adoleszenz dient auch dazu, die in der Kindheit erlernten Verhaltensmuster – verbale und nonverbale Kommunikation, Verhalten in der Gruppe – zu überprüfen und zu vervollständigen. Sie ist geprägt durch das Experimentieren und Ausprobieren neuer Kommunikationsmodelle und neuer Rollen in der Gruppe. So versuchen sich Jugendliche zum Beispiel als Macho, Verführerin, Unschuldslam, Clownin, unnahbarer Held, Alleswisserin, Rebell oder als Weltverbessererin. Ebenso versuchen sich Jugendliche von Rollen und Clichés der Erwachsenen abzuheben. Sie tun dies mit einem auffallenden Kleidungsstil, einer anderen Sprache und einem neuen Lebensstil. Es ist auch die Zeit der ersten Liebe mit all den dazugehörenden Emotionen und Gefühlen wie Glück, Kummer oder Frustration. Diese Erfahrungen sind für die Jugendlichen wichtig. Aber meist müssen die jungen Menschen sie nur über eine kurze Zeit machen können, so dass es kontraproduktiv wäre, ihnen ein zu grosses Gewicht beizumessen. Nebst aller Offenheit dieser Entwicklung gegenüber ist es aber unerlässlich, den Jugendlichen dort Grenzen zu setzen, wo sich ihr Verhalten mit den Anforderungen an den Beruf nicht vereinbaren lässt. Sie sollen lernen, zwischen Freizeit und Arbeitszeit zu unterscheiden.

Gut zu wissen

 

Quelle: Handbuch betriebliche Grundbildung, SDBB 2013





 

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