Auch der Lehrvertrag ist ein Einzelarbeitsvertrag, allerdings mit einigen Besonderheiten. Im OR ist er denn auch unter „besonderen Einzelarbeitsverträgen“ geregelt. Insoweit unter diesem Titel nichts ausgesagt ist, finden die Vorschriften des Einzelarbeitsvertrags auch für den Lehrvertrag Anwendung. Inhaltlich besteht die Besonderheit darin, dass als Gegenleistung für die Arbeit der lernenden Person nicht der Lohn, sondern die fachgemässe Ausbildung im Vordergrund steht.
Befristeter Arbeitsvertrag. Der Lehrvertrag kann als Vertrag mit fester Laufzeit nur auf eine bestimmte Zeit eingegangen werden und ist nicht kündbar. Er endet somit grundsätzlich erst mit dem Endtermin, der im Lehrvertrag vereinbart worden ist. Aus wichtigen Gründen ist der Lehrvertrag aber wie der normale Einzelarbeitsvertrag (einseitig und auch fristlos) auflösbar. Die Gründe sind für den Lehrvertrag im OR noch konkretisiert:
- Nichteignung des Berufsbildners oder der Berufsbildnerin
- Nichteignung oder Gefährdung der lernenden Person
- Unmöglichkeit einer geordneten Beendigung der beruflichen Grundbildung
Umwandlung des Lehrverhältnisses. Zeigt sich, dass eine lernende Person den Anforderungen der gewählten drei- oder vierjährigen beruflichen Grundbildung mit eidg. Fähigkeitszeugnis nicht gewachsen ist, so kann das Lehrverhältnis in eine zweijährige berufliche Grundbildung umgewandelt werden – sofern ein entsprechendes Angebot im Berufsfeld existiert. Dabei ist es wichtig, alle Bildungspartner in die Entscheidung mit einzubeziehen.
Es kann auch vorkommen, dass eine lernende Person eine drei- oder vierjährige berufliche Grundbildung aus anderen Gründen (z.B. gesundheitlichen) nicht ordentlich abschliessen kann. Auch dann ist es möglich, das Lehrverhältnis in eine zweijährige berufliche Grundbildung umzuwandeln oder die lernende Person kann allenfalls in einen anderen Beruf wechseln.
Es macht durchaus Sinn einen Lehrvertrag aufzulösen, wenn man nach gründlicher Abklärung und nach Einbezug aller Beteiligten gemeinsam zum Schluss kommt, dass die Weiterführung einer Berufslehre nicht sinnvoll ist. In der Regel sollte dies während der Probezeit geschehen, die allenfalls verlängert wird. Wichtig ist, dass bei einer neuen Lösung gute Aussichten für die lernende Person bestehen, eine berufliche Grundbildung erfolgreich abzuschliessen.
Eine lernende Person mit sehr guten Notenin der Berufsfachschule kann unter bestimmten Voraussetzungen während der drei- oder vierjährigen beruflichen Grundbildung in eine lehrbegleitende Berufsmaturitätsklasse eintreten.
Rechtliche Grundlagen: Übersicht
Berufsbildung
- Bundesgesetz (BG) v. 13.12.2002 über die Berufsbildung (BBG), SR 412.10
Verordnung (V) v. 19.11.2003 über die Berufsbildung (BBV), SR 412.101 - „Rahmenlehrplan für Berufsbildungsverantwortliche„ des Bundes (SBFI, 1.2..11) Lehrplan SBBK für die Kurse für Berufsbildner/innen in Lehrbetrieben (11.5.07)
- Verordnung über das Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung
(EHB-Verordnung) vom 14.09.05 (Stand am 27.09.05), SR 412.106.1 - Verordnung vom 24.06.2009 über die Berufsmaturität, SR 412.103.1
- Verordnung des WBF v. 21.4.2011 über die Ausnahmen vom Verbot von Nacht- und Sonntagsarbeit während der beruflichen Grundbildung, SR 822.115.4
- Verordnung des WBF vom 11. März 2005 über die Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen, SR 412.101.61
Anhang 1 – Höhere Fachschulen für Technik
Anhang 2 – Höhere Fachschulen für Gastgewerbe, Tourismus und Hauswirtschaft
Anhang 3 – Höhere Fachschulen für Wirtschaft
Anhang 4 – Höhere Fachschulen für Land- und Waldwirtschaft
Anhang 5 – Höhere Fachschulen für Gesundheit
Anhang 6 – Höhere Fachschulen für Soziales und Erwachsenenbildung
Anhang 7 – Höhere Fachschulen für Künste und Gestaltung
Anhang 8 – Höhere Fachschulen für Verkehr und Transport - Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über die Fachhochschulen (FHSG),
SR 414.71
Jugendliche Persönlichkeit
- Schweiz. Zivilgesetzbuch vom 10.12.1907 (ZGB), SR 210
- Verordnung vom 29.11.2002 über die Adoptionsvermittlung, SR 211.221.36
- Verordnung vom 19.10.77 über die Aufnahme von Pflegekindern, SR 211.222.338
Einzel- und Normalarbeitsvertrag, Lehrvertrag
- Bundesgesetz v. 30.3.1911 betreffend die Ergänzung des Schweiz. Zivilgesetzbuches (5. Teil: Obligationenrecht, OR), SR 220
- Verordnung vom 16.1.1985 über den Normalarbeitsvertrag (NAV) für die Erzieher in Heimen und Internaten, SR 221.215.324.1
- BRB vom 5.5.1971 über den NAV für Assistenzärzte, SR 221.215.328.1
- BRB vom 23.12.1971 über den NAV für das Pflegepersonal, SR 221.215.328.4
- BRB vom 22.4.1966 betr. den NAV über Versicherungsleistungen für das beruflich strahlenexponierte Personal, SR 221.215.328.6
- Verordnung vom 11.1.1984 über den NAV für milchwirtschaftliche Arbeitnehmer, SR 221. 215.329.2
- Verordnung vom 3.12.1979 über den NAV für Privatgärtner, SR 221.215.329.3
- Verordnung vom 20.10.2010 über den NAV für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Hauswirtschaft, RS 221.215.329.4
Kollektives Arbeitsvertragsrecht
- OR - Gesamtarbeitsvertrag (GAV) wie Einzelarbeitsvertrag, SR 220
- Bundesgesetz v. 28.9.1956 über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von GAV, SR 221.215.311
Arbeitnehmerschutz
- Bundesgesetz v. 13.3.1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG), SR 822.11
Verordnung 2 vom 10.5.2000, Sonderbestimmungen, ArGV 2, SR 822.112
Verordnung 3 vom 18.3.1993, Gesundheitsvorsorge und Unfallverhütung,
ArGV 3, SR 822.113
Strafrecht
Schweiz. Strafgesetzbuch vom 21.12.37 (StGB), SR 311.0
Sozialversicherungen
- BG v. 20.3.81 über die Unfallversicherung (UVG), SR 832.20
- V v. 20.12.1982 über die Unfallversicherung (UVVG), SR 832.202
- BG v. 18.3.94 über die Krankenversicherung (KVG) SR 832.10
- BG v. 20.12.46 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG),
SR 831.10 - BG v. 25.9.52 über die Erwerbsersatzordnung für Dienstleistende in Armee, Zivildienst und Zivilschutz (Erwerbsersatzgesetz, EOG), SR 834.1
Einführungsgesetzgebung
- Kantonale Gesetze und Vollzugsverordnungen/Dekrete zur Bundesgesetzgebung.
- Alle Gesetze sind mit den entsprechenden Abkürzungen abrufbar unter: www.admin.ch/ch/d/sr.html
- Alle genannten Gesetzes- und Verordnungstexte können beim Bundesamt für Bauten und Logistik www.bundespublikationen.admin.ch bezogen werden. Teilweise bieten private Verlage Gesetzestexte an, z.T. kommentiert.